Ossi – Migranten

Erzählungen von DDR – Migranten


Karin aus Leipzig

Loisl hält sein Versprechen. Er bittet Helga, Egon und Rolf, ihn zu begleiten. Helga bekommt den Mund nicht zu. Sie staunt. So ein schönes Haus. In der Umgebung. In den Zimmern sieht sie Duschen und sogar Bäder.

„Wie bekommt ihr das Wasser auf die Alm?“

„Wir haben eigene Brunnen.“

Karin folgt ihnen. Erna bleibt allein im Gastraum. Sie räumt inzwischen etwas auf. Am Stammtisch sitzen noch ein paar Gäste. Die bedient sie.

Karin geht den Stimmen nach. Loisl führt die Gäste bereits in den Keller. Dort zeigt er ihnen sein Wasserwerk. Die Kläranlagen. Die Kühlhäuser und die Gefrierzelle. Ein Rehbock hängt vor der Kühlzelle.

„Den habe ich vor zwei Tagen geschossen.“

Egon ist begeistert. Mit dem Leben könnte er sich anfreunden. Egon ahnt nicht, wie es hier im Winter zugeht. Schon zwischen den Saisons kann es hier ziemlich einsam werden. Vielleicht sucht Egon gerade diese Einsamkeit. Er selbst, weiß es gar nicht so genau. Auf alle Fälle, ist ja seine Familie dabei. Der erste Eindruck vermittelt ihnen ein Wohlgefühl. Mit der Familie zusammen, kann es ihm nicht langweilig werden hier. Dazu macht Loisl auf ihn den besten Eindruck. Erna auch. Er scheint zufrieden mit dem Platz. Er sucht Helgas Blick. Helga sucht seinen. Sie wirkt auch zufrieden. Rolf hat seinen Arm auf Helga gelegt. Die Zwei scheinen glücklich zu sein. Die neue Aufgabe bringt ihnen Hoffnung.

Loisl sucht ihre Augen. Er möchte erfahren, wie sie sich fühlen.

„Das ist unsere Sauna.“

Die Sauna ist ziemlich groß. Vor der Sauna stehen in einer Art Trainingsraum, zwei Whirlpools. Daneben stehen sechs Sonnenliegen.

„Das ist unser Solarium“, prahlt Loisl. „Das habe ich im vergangenem Jahr gebaut.“

Loisl geht an einen Schaltschrank, öffnet die Tür und schon erhellt sich der Raum. Alle verspüren sofort eine Wärme. Eine ungewöhnliche Wärme. Die scheint sofort bis auf die Knochen zu wirken. Einer der Whirlpools ist gefüllt. Nach einem kurzen Klick, fängt der Pool an zu sprudeln.

„Der heizt auch auf Wunsch“, ergänzt Loisl. Seine Augen leuchten dabei. Voller Stolz.

„Woher bekommt ihr hier die Energie. Ich sehe nirgends Leitungen.“

„Man wollte uns Erdkabel her ziehen. Ich sollte das teilweise bezahlen. So viel Geld haben wir nicht. Das wäre ja eine Enteignung. Wir gewinnen Energie aus Erdwärme und mit Solar. Das können wir bezahlen.“

„Die gesamte Alm wird mit Strom beheizt?“

„Mit einem Wärmetauscher und Erdwärme. Ja. Das rechnet sich.“

Nach dem Rundgang ist Karins Familie von der Gastgeberfamilie überzeugt. Das könnte etwas Dauerhaftes werden.

Der lange Abend klingt aus. Die Aufgaben für morgen sind verteilt. Die Männer helfen im Stall und der Werkstatt. Karin geht mit Mama putzen und in der Küche helfen. Loisl benötigt dort kaum Hilfe. Er ist nur neugierig, ob Helga backen kann. Sie kann es. Selbst mit dem Strudel hat sie keine Probleme. Den Blätterteig stellt sie in der Nudelmaschine her. Loisl ist das neu. Er staunt.

„Kleine, portionierte Strudel“, sagt er voller Bewunderung.

„Die lassen sich schneller auftauen.“

‚Wo sie Recht hat…‘, denkt sich Loisl. ‚Der rede ich nicht rein‘, nimmt er sich vor.

In recht kurzer Zeit, stellt Helga rund fünfzig Portionen – Strudel her.

„Wenn wir Hochsaison haben, ist das zu wenig“, sagt Loisl.

„Dann machen wir eben große“, ist die Antwort.

‚Praktisch ist sie auch noch‘, geht Loisl durch den Kopf. ‚Die passen zu uns.‘

Nebenbei bewundert Loisl, Helgas Hinterteil. Er folgt mit den Augen den Bewegungen Helgas. Helga bemerkt das.

„Die Natur vollbringt Wunder“, sagt sie zu Loisl. Loisl stellt sich etwas dumm.

„Was meinst du damit?“

„Deine Augen. Du brauchst keine Brille.“

Beide lachen. Loisl ist sich sicher, sie weiß, was er denkt.

„Ich bin Egons Eigentum und er ist meins.“

Erna applaudiert. Sie hat Loisl schon wieder überwacht.

„Erna ist meins.“

Alle lachen.

Karin bewundert die Gespräche der Eltern. Einfach, kurz und sehr praktisch.

Rolf geht zusammen mit Egon und Loisl in den Stall. Loisl will ihnen die Melkmaschine erklären.



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